Kennt ihr das, wenn man ein Werk, je öfter man es sieht, immer mehr zu schätzen weiß? So geht es mir momentan mit Mozarts Spätwerk „La clemenza di Tito“ (zu deutsch die Milde Titos), welches ich zuletzt vor einem Jahr in einer halbkonzertanten Form sah und bereits begeistert war. So konnte ich mir natürlich die Neuproduktion der Oper im Theater an der Wien nicht entgehen lassen…
Rom, 79 nach Christus. Die rachsüchtige Vitellia plant einen Mordanschlag auf den amtierenden Kaiser Titus und schafft es, dessen engsten Vertrauten Sextus für sich zu gewinnen, der ihren grausamen Plan umsetzen soll. Doch statt dem Herrscher wird unbeabsichtigt ein Unschuldiger getötet; daraufhin soll Sextus mit der Todesstrafe bezahlen. Davon bekommt Titus zwar Wind, lässt sowohl mit bei als auch bei Vitellia Gnade walten und spricht sie, schwer geschockt von deren Verrat, frei.
Sam Browns Inszenierung zeigt einen modernen Säulengang, besprenkelt mit szenenangepassten, meist bunten Lichteffekten von Jean Kalman. Die Regieführung ist einfallsreich, kurzweilig und die Absichten der verschiedenen Charaktere sind einfach zu verstehen. Den Minimalismus des Bühnenbildes machen farbenfrohe, beim Chor pastellige Kostüme wett und sind gut durchdacht. Großartig ist das Concentus-Musicus-Orchester unter der Leitung von Stefan Gottfried, welcher gleichzeitig für die Rezitative das Cembalo bedient. Auch der von Erwin Ortner geleitete Arnold-Schönberg-Chor fällt nur positiv auf!
Das hochprofessionelle Ensemble dominieren Nicole Chevalier als eine charismatische und vor allem in den hohen Lagen bewundernswerte Vitellia und der tolle Countertenor David Hansen als Sesto, der mit einer klugen Rollengestaltung punktet. Das gilt auch für „Tito“ Jeremy Ovenden und „Servilia“ Mari Eriksmoen, letztere kann ihren schönen Sopran perfekt zur Geltung bringen.
Insgesamt eine ausgezeichnete Produktion mit einem tollen Bühnenbild, einer spannenden Regie und wie immer wunderschöner Musik!