Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom spanischen, sagenumwobenen Ritter Don Quixote und seinen Heldentaten – in Mitch Leighs Musical „Der Mann von La Mancha“ wird sie durch eine gewisse Tiefgründigkeit und tolle Musik komplettiert.
In dieser Produktion landen durch eine von der Inquisition aufgetragenen Verhaftung der Dichter und Schauspieler Miguel Cervantes und sein Gehilfe kurzerhand im Gefängnis, wo sie auf recht unangenehme Zeitgenossen stoßen. Um Streit und Mord untereinander zu verhindern, verlangen die Verbrecher eine Art Gerichtsverfahren. Cervantes beschließt, sich in Form eines Theaterstücks in den berühmten Ritter Don Quixote zu verwandeln und stellt mit seinem Knappen die mitgebrachte Requisitenkiste auf den Kopf. Auch die Gefangenen werden in das Geschehen involviert, verkleiden sich und erleben in ihrer imaginären Welt Heldentaten; sie verwandeln beispielsweise Windmühlen in Riesen und bezwingen diese. In einer Bar lässt sich Don Quixote vom Wirten zum Ritter schlagen. Seine Erzählung gleicht einer Metapher; sie steht für die Gabe, sich aus jeder Misslage mit etwas Fantasie etwas Positives herauszunehmen und nie aufzugeben. Doch Cervantes beschreibt außerdem die Fähigkeiten eines wahren Ritters – Tugend, Tapferkeit und Freundlichkeit selbst den Feinden gegenüber. Damit kann er auch die Insassen überzeugen, bis die Inquisition dem Ganzen ein Ende setzt und den Schauspieler zum Verhör holt. Und obwohl das Werk ein offenes Ende hat, ist eine Freilassung der beiden Männer denkmöglich.
Die Inszenierung ist aus meiner Sicht ein absoluter Geniestreich, man versetzte nämlich das Orchester, wie bereits vom Komponisten geplant, hinter die Bühne. In einem kurzen Gespräch erzählte mir Dirigent Lorenz C. Aichner, dass es eine wahre Herausforderung sei, den Sängern den Rücken zuzukehren und sich auf den beidseitigen richtigen Einsatz zu verlassen. Doch das 17-köpfige Orchester meisterte die ungewohnte Situation ausgezeichnet und ließ nicht einen unsauberen Ton erklingen.
Doch zurück zum Bühnenbild (Olivier Tambosi und Friedrich Despalmes) – denn auch dieses symbolisiert die Eintönigkeit und Langeweile eines Gefängnisses; die Inquisition entschied früher nämlich willkürlich über Schuld oder Unschuld und Dauer der Haftstrafe. Schon 20 Minuten vor Beginn waren alle wichtigen Personen auf der Bühne, unterhielten sich leise und schlugen buchstäblich die Zeit tot, was auch eine gewisse Art von Beklommenheit auf Seiten des Publikums auslöste.
Zur sehr sauberen Aufführung trugen aber auch die Solisten bei, welche sich mächtig ins Zeug legten. Die Töne passten, die schauspielerischen Leistungen waren auf höchstem Niveau. Hausdirektor Robert Meyer selbst schlüpfte in den Dichter Miguel Cervantes und bewies einmal mehr sein herausregendes Talent zum Sprechtheater. Gemeinsam mit Boris Pfeifer (Sancho)konnte er das Publikum so richtig zum Lachen bringen. Großartig agierte außerdem Patrizia Nessy als Aldonsa und natürlich ein dickes Lob an alle „Gefangenen“ für ihre Fähigkeiten zum Schauspiel.
Fazit: ein Stück, das eigentlich als Übergang zwischen Sprechtheater und Musical beschrieben werden kann und als solches mit schlauen Texten imponiert!