Zur Abwechslung konnte ich mich vor kurzem dem Sprechtheater widmen und besuchte, beinahe geplant zum Frühlingsbeginn, „Frühlingserwachen“ in der HLMW9 nahe der Volksoper. Das Stück wurde frei nach der Aufführung von Frank Wedekind adaptiert und an die heutige Zeit angepasst und handelt von verschiedenen Entwicklungsstadien und Gedanken der Jugendlichen. Ein wichtiges Thema des Stückes ist die Beeinflussung von Teenagern durch Erwachsene sowie die strengen Regeln, denen jene sich unterwerfen müssen. So starten die Protagonisten eine Art Rebellion, einen Aufstand gegen die strikte oder manchmal auch fahrlässige Erziehung ihrer Eltern und protestieren auf einem Weg, der vielen Jugendlichen als einzige Lösung erscheint: Alkoholkonsum, Rauchen und letzten Endes die Verführung des Selbstmordes. Der Frühling sollte eigentlich eine Veränderung zum Guten sein, eine Regeneration sowohl in Natur als auch im Menschen, doch anstelle dessen geht es für die Protagonisten steil bergab und sie haben sogar einen Verlust in ihren eigenen Reihen zu beklagen.
Die Theatergruppe besteht großteils aus Schülern der HLMW9, einzig Regisseur Alexander Hoffelner, Emily Fisher und Sebastian Berchtold, die ich noch von meinem letzten Besuch von teatros Uraufführung „Alice im Wunderland“ kenne, unterstützten die anderen Jugendlichen. Gemeinsam haben sie meine Erwartungen vollkommen übertroffen und ich bin beeindruckt, dass die Gruppe dieses Projekt völlig ohne involvierte Erwachsene auf die Beine gestellt hat! Die Spielfreude konnte man förmlich aus der Luft greifen und das Publikum wurde von den Laien extrem in den Bann gezogen.
Besonders hervorgestochen ist zuallererst David Bosnjakovic als Melchior, der mit einem tollen Schauspieltalent punkten konnte und mit seinem Charakter perfekt verschmolz. Eine Herausforderung nahm Sebastian Berchtold an; seine Rolle, Moritz, macht intensive Wandlungen durch und verändert sich von einem fröhlichen, unbekümmerten Teenager zu einem von Depressionen geplagten und am Ende sogar Suizid begehenden jungen Menschen. Er stellt Moritz‘ Gefühle überraschend echt und wahnsinnig intim dar; die Zuschauer machten bei seiner Todesszene nicht einen einzigen Mucks und hingen zu Recht mit den Lippen an seinen Worten. Auch Marita Landgrebe als Wendla bewies ihre Hingabe und Freude am Schauspiel und konnte ebenfalls mit einer tollen Darstellung ihrer Partie überzeugen.
Unter Alexander Hoffelners einfühlsamer Regiearbeit entstand ein unglaublich tolles Theaterprojekt und eine Wiederaufnahme nächstes Jahr wäre wünschenswert!