Was soll man denn anderes tun, als der Einladung des Intendanten höchstpersönlich zu folgen… 🙂 Natürlich konnte ich dem Angebot nicht widerstehen und reiste nach Schloss Thalheim bei Böheimkirchen (nicht gerade um die Ecke von Wien), wo an diesem Nachmittag die Oper „La clemenza di Tito“, ein Spätwerk Mozarts, gespielt werden sollte. Ich hatte das Stück, das auf Deutsch soviel wie „Die Güte Titus‘“ bedeutet, vorher noch nie gesehen und war umso gespannter auf die halbkonzertante Aufführung.
Diese Oper spielt in der römischen Antike und handelt von enttäuschter Liebe, Verrat, aber auch von witzigen Verwechslungen, und natürlich um Gnade und Vergebung des Kaisers. Das Ganze wurde halbszenisch umgesetzt, also mit eher unauffälligen Kostümen und Requisiten. Verantwortlich dafür zeichnete sich Volksoper-Ensemblemitglied Wolfgang Gratschmaier, der als künstlerischer Leiter für die szenische Gestaltung zuständig ist und eine von vier verschiedenen Vorstellungen nach Thalheim brachte. Das Besondere an diesem Nachmittag war, dass auf der Bühne ausschließlich aufstrebende und teilweise sich noch in Ausbildung befindende Solisten im Alter von 25 bis 35 Jahren standen. Dies merkte man auch im Orchester: Seit mehr als zehn Jahren erarbeiten im Rahmen der Angelika-Prokopp-Sommerakademie junge Musiker mit Tutoren den für die Wiener Philharmoniker weltweit einzigartigen Klangstil. Erfreulicherweise gehen viele Berufsmusiker aus dieser Akademie hervor.
Gratschmaiers langjährige Co-Regisseurin Rita-Lucia Schneider wurde zusammen mit Harald Baluch mit der Regie betraut und das erfolgreich: Obwohl ich diese Oper zum ersten Mal gesehen hatte, konnte ich der Handlung sehr gut folgen und die Vorstellung dadurch genießen. Dazu trug sicherlich auch die wunderschöne Musik bei (sogar fast ohne meine ungeliebten Rezitative 🙂 ), außerdem wurde das Werk auf eine angenehme Dauer gekürzt.
Die Solisten bewiesen, dass sie zu Recht im Opera Masters Program der MUK studieren: Hany Abdelzaher als Titus erfreute mit einem klaren Tenor, der bereits in mehreren Carmen-Produktionen in Deutschland zum Einsatz kommt, wie Abdelzaher im persönlichen Gespräch berichtete, während Barno Imatullaeva mit ihrem starken Sopran als rachsüchtige Vitellia durchaus überzeugte. Großartig agierte das Geschwisterpaar Sextus und Servilia (Ghazal Kazemi, Lalit Woratheptinan), auch Anna Tiapkina (Annius) und Tair Tazhigulov (Publius) bewiesen viel schauspielerisches und gesangliches Talent. Außergewöhnlich schön gestalteten Ghazal Kazemi und Klarinettistin Elena Biosca Bas Sextus‘ Arie „Parto, parto“, bei der mir klar wurde, wie sehr Mozart die Klarinette liebte.
Und nun das Fazit: Ich bin schwer beeindruckt von der Professionalität und Intensität dieser Aufführung und bin schon sehr gespannt auf die nächste Mozart-Nummer im Schloss Thalheim!